Encina Alta

Kapitel 6 – Die erste Nachricht

Vorspann:
„Ein kurzer Kommentar, ein unsichtbarer Klick – mehr braucht es nicht, um etwas in Bewegung zu setzen. Isabella ahnt noch nicht, was sie damit entfesselt.“

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Akt II

An diesem Dienstagmorgen, als Isabella in der Weite des Großraumbüros saß und der monotone Klang der Tastaturen und das Rauschen der Klimaanlage sie wie in einem grauen Nebel umgaben, konnte sie den Drang, Sergios Blog zu öffnen, kaum unterdrücken. Es war wie ein unsichtbares Band, das sie immer wieder zu seinem Profil zog, selbst inmitten der drögen Arbeit. Ihre Finger schwebten fast automatisch über die Tasten, als sie den Browser öffnete, sich den Gedanken an die Folgen aus dem Kopf schlug und die Adresse tippte.

Das Internet war der einzige Raum, in dem Isabella sich sicher fühlte. Hier, in der Anonymität des Cyberspace, konnte sie für einen Moment jemand anderes sein, jemand, der nicht in einem grauen Büro saß, sondern in einer Welt voller Möglichkeiten. Vielleicht war es auch eine Art Flucht, aber zu dieser Stunde hatte sie das Gefühl, dass sie einfach nur mehr von der Welt brauchte. Mehr von der Welt, die Sergio sah, mehr von der Welt, die sie in ihrem Leben nicht mehr fand.

Der Bildschirm zeigte sofort das vertraute Bild: der neblige Waldweg in Galicien, der wie ein stilles Geheimnis vor ihr lag. Darunter war der neue Beitrag, der von einem alten Dorf in Aragón sprach, das Sergio mit seiner Familie besucht hatte. Ein kurzer Blick auf den Text und die Bilder ließ Isabella noch tiefer in die Geschichte eintauchen. Sie scrollte weiter, vergaß völlig die Zeit und die Geräusche um sich herum. Sie verlor sich in den Worten, in den Emotionen, die Sergio in seinen Beiträgen teilte, in seiner Suche nach der Vergangenheit und seinem eigenen Erbe.

Es war, als wäre er der einzige Mensch, der in diesem Moment nicht nur existierte, sondern lebte – mit einer Intensität, die sie in ihrem eigenen Leben nie gekannt hatte. Seine Worte hatten die Kraft, sie an Orte zu bringen, die sie nie betreten hatte. Der Blick auf den Bildschirm, das Klicken der Maus, und in der Stille ihres Büros fühlte sie sich plötzlich lebendig, als wäre sie Teil von etwas viel Größerem.

Ein Blick zur Uhr zeigte ihr, dass schon eine Stunde vergangen war, und das Gefühl von Schuld kroch langsam in ihr auf. Sie war noch nicht einmal mit der Arbeit auf ihrem Schreibtisch fertig. Doch statt sich wieder den Aufgaben zu widmen, kippte sie ihren Stuhl nach hinten und seufzte. Ihre Gedanken begannen zu wandern. Warum fühlte sie sich so verbunden mit einem Menschen, den sie nie gesehen hatte? Warum konnte sie sich nicht losreißen, auch wenn sie wusste, dass es unprofessionell war, diesen Blog während der Arbeitszeit zu lesen? Sie riskierte eine Abmahnung oder Schlimmeres.

Es war der Gedanke an den Nebel, an den Waldweg, der sie immer wieder zu ihm zog. Diese Bilder, die so vertraut und doch fremd waren, sprachen eine Sprache, die sie in ihrem Leben nie gelernt hatte. Was, wenn sie selbst nie einen Waldweg in Nebel gehüllt betreten hatte? Was, wenn sie nie den Mut gehabt hätte, ihren eigenen Weg zu finden? Hatte sie es in ihrer kleinen Welt in Gelsenkirchen so sehr vermisst, dass sie bei den Geschichten dieses fremden Mannes Trost fand? Vielleicht war es nicht nur die Neugier auf seine Reisen, sondern der Wunsch, selbst etwas zu erleben, sich selbst zu finden, irgendwo, an irgendeinem dieser geheimen Orte.

Isabella stand abrupt auf und ging zur Kaffeeküche, wo ihre Kolleginnen bereits über das neueste Büroklatsch redeten. Ihre Worte prallten an ihr ab, als sie ihre Tasse füllte. Ihre Gedanken waren noch immer bei Sergio und dem Bild des Nebelwaldes. Während sie an ihrer Tasse nippte, fragte sie sich, was es wohl für ihn bedeutete, all diese Orte zu bereisen, all diese Geschichten zu erzählen. Hatte er nie das Bedürfnis gehabt, sich niederzulassen, wie sie es tat? Oder war es gerade die ständige Bewegung, die ihn suchend und lebendig hielt?

Mit einem weiteren Blick auf die Uhr nahm sie sich vor, bis zum Feierabend durchzuhalten. Aber der Gedanke an Sergio war nicht mehr zu ignorieren. Und als sie zurück an ihren Schreibtisch ging, wusste sie eines ganz genau: Sie musste mehr über diesen Mann erfahren. Sie musste wissen, wohin er ging, was er suchte. Sie musste verstehen, warum sie ihn in einem so persönlichen Raum ihres Lebens spürte – als hätte er die Sehnsucht geweckt, die sie selbst nie benennen konnte.

Und in diesem Moment, während sie mit ihren Fingern über die Tastatur tippte, formte sich bereits der Entschluss in ihrem Kopf: Sie würde ihm schreiben.

Isabella starrte auf das Bild, das den nebligen Waldweg zeigte, den Sergio so oft beschrieben hatte. Es hatte etwas Mystisches, beinahe Magisches. Der Nebel schien den Pfad zu verschlingen, während die Bäume wie stumme Zeugen der Vergangenheit standen. Sie hatte es unzählige Male betrachtet, jedes Detail aufgenommen und sich dabei gefragt, was es wohl bedeutete, dort zu gehen – diesen Weg entlang, durch den dichten Nebel, als würde er eine Erinnerung berühren, die längst vergessen war.

Jetzt, in der Stille ihres Büros, fühlte sie einen plötzlichen Drang, etwas zu sagen. Aber was konnte sie zu diesem Bild schon beitragen? Was hatte sie zu erzählen, das in irgendeiner Weise zu seiner Reise passte?

Zögerlich tippte sie ein paar Worte in das Kommentarfeld unter dem Bild, den Cursor über dem „Absenden“-Button schwebend. Es war keine große Weisheit, keine tiefgründige Erkenntnis, nur ein Satz, der vielleicht mehr über sie selbst aussagte, als sie es wollte:

„Dieser Waldweg fühlt sich an, als würde er zu einem Ort führen, den ich niemals betreten habe, aber immer gesucht habe.“

Es war kurz, fast unspektakulär, aber es war ehrlich. Sie drückte die Tasten, fühlte sich fast schüchtern dabei. Was, wenn er ihre Nachricht einfach übersehen würde? Was, wenn er sie nie lesen würde? Es war nicht so, dass sie wirklich etwas erwartete, doch in ihrem Inneren hoffte sie doch, dass ihre Worte etwas in ihm anrühren könnten. Sie drückte auf „Absenden“, atmete tief durch und lehnte sich zurück in ihrem Stuhl.

Die nächsten Minuten verbrachte sie damit, nervös auf das Display ihres Handys zu starren, das sie wieder in ihrer Hand hielt. Sie öffnete die Instagram-App erneut, nur um zu sehen, ob er online war, als ob sein Name dort ein Zeichen sein könnte, dass er die Nachricht gelesen hatte. Doch nichts. Keine neue Benachrichtigung, kein Kommentar, keine Nachricht.

Isabella fühlte sich fast erleichtert. Vielleicht war es besser so. Vielleicht war es besser, sich nicht zu viel von ihm zu erwarten. Was hatte sie ihm schon zu sagen? Sie war nur eine anonyme Leserin seines Blogs, eine Fremde, die von seinen Erlebnissen berührt war. Was hatte jemand wie er mit jemandem wie ihr zu tun?

Trotzdem konnte sie das Gefühl nicht abschütteln, dass etwas in ihr durch den Kommentar in Bewegung geraten war. Eine Unsicherheit mischte sich mit einer zarten Hoffnung, die sie nicht begreifen konnte. Sie fühlte sich verwundbar – als hätte sie ein kleines Stück von sich selbst preisgegeben, ohne zu wissen, was daraus entstehen würde. Aber tief in ihr wuchs die leise Vorstellung, dass dieser Funke der Veränderung vielleicht doch aus einer unerwarteten Ecke kommen könnte. Vielleicht war der Moment, den sie soeben erschaffen hatte, der erste Schritt in eine Richtung, die sie nie zuvor in Betracht gezogen hatte.

Der nächste Tag begann wie jeder andere. Isabella wachte auf, der Blick aus dem Fenster fiel auf den dunklen Himmel, der den Horizont wie ein schwerer Vorhang verschloss. Sie stand auf, erledigte die ersten routinierten Bewegungen des Morgens, setzte sich in die überfüllte Straßenbahn und fuhr zur Arbeit – all das wie im Autopilot-Modus, ohne viel darüber nachzudenken.

Doch als sie in der Kaffeeküche stand und die Tasse in der Hand drehte, blieb ihr Blick plötzlich an ihrem Handy hängen, das auf dem Tisch lag. Eine Benachrichtigung. Sie hatte sie fast vergessen. Der Kommentar, den sie gestern hinterlassen hatte. Ihre Finger zitterten leicht, als das Display aufleuchtete und sie den Namen „Sergio Menendez Clavero“ las. Ihr Herz setzte einen Schlag aus.

Abspann:
„Manchmal reicht ein einziger Satz, um die Stille zu durchbrechen. Und manchmal beginnt Veränderung genau dort, wo niemand hinsieht.“

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Kapitel 5 – Eine Ahnung von mehr

Vorspann:
„Es ist nur ein Gedanke, nicht mehr. Und doch hebt er die Schwere in Isabellas Brust für einen Moment an. Was wäre, wenn dieser Mann ihr Leben verändern könnte?“

« Zurück zu Kapitel 4 – Ich will wissen, woher ich komme

Isabella stellte sich vor, wie es wäre, mit ihm zu sprechen – nicht nur über seine Reisen, sondern über all die tiefen Fragen, die unter seiner Oberfläche verborgen waren. Wie wäre es, ihn endlich zu fragen, was ihm wirklich fehlte, was er in all diesen Jahren der Suche über sich selbst gelernt hatte? Wäre sie dann jemand, der ihm half, die Antworten zu finden? Oder würde sie nur eine stille Begleiterin bleiben, die zu den Orten ging, die er mit so viel Sehnsucht aufsuchte?

Und dann, in einem unerwarteten Moment der Klarheit, dachte sie: Was, wenn er sie nicht nur als Reisepartnerin wollte? Was, wenn er sie als mehr sehen würde? Vielleicht könnte sie diejenige sein, die ihm das Gefühl von Zuhause gibt, das er nie gefunden hat, obwohl er es immer gesucht hat. Vielleicht könnte sie ihm den Halt bieten, den er brauchte, um seine eigene Geschichte zu begreifen. Vielleicht brauchte er sie genauso wie sie ihn – jemanden, der ihn verstand, ohne all die Worte, die er nie hatte.

Der Gedanke stieg in ihr auf wie eine Welle – ein wildes, unbändiges Gefühl von Möglichkeit, von Leben, von der unerforschten Freiheit, die sie in seiner Welt fand. Es war ein fremdes Gefühl, dieses sich selbst als Teil eines anderen Lebens zu sehen. Doch es fühlte sich auch richtig an, als ob sie endlich einen Ort gefunden hätte, an dem sie nicht mehr nur eine Randfigur war, sondern ein Teil eines größeren Bildes.

Und in diesem Moment, als sie sich vorstellte, an seiner Seite durch den Nebel zu gehen, schien alles so weit entfernt, und doch so nah. Es war, als könnte sie den feuchten Boden unter ihren Füßen förmlich spüren, die kühle Luft einatmen. Vielleicht war sie noch nicht bereit, diesen Schritt zu tun – aber vielleicht, dachte sie, war es der einzige Schritt, den sie jetzt noch tun konnte.

In dem stillen, schwachen Licht ihres Zimmers begann ein neuer Gedanke in Isabella zu keimen – schüchtern, aber unaufhaltsam. Es war kein klarer Plan, keine greifbare Entscheidung, sondern ein vager Funke, der tief in ihr aufblitzte, wie ein unbemerkter Stern, der sich langsam in den Vordergrund drängte.

Die Vorstellung, Teil von Sergios Leben zu sein, hatte etwas in ihr geweckt – etwas, das lange im Verborgenen geschlummert hatte. Eine Sehnsucht, die sie nicht kannte, weil sie nie wusste, dass sie überhaupt existierte. Es war nicht nur das Verlangen nach Abenteuer oder der Wunsch, etwas anderes zu tun, es war mehr. Es war der Wunsch nach Veränderung. Der Wunsch, aus der Dunkelheit ihres gewohnten Lebens herauszutreten und in eine Welt einzutauchen, die nicht so festgelegt, so festgefahren war. Eine Welt, in der Geschichten erzählt wurden, in der der Nebel über den Wäldern eine Bedeutung hatte, in der Fragen gestellt wurden, auch wenn die Antworten noch nicht greifbar waren.

Isabella lehnte sich zurück und schloss für einen Moment die Augen. Sie spürte, wie der Druck, der sonst immer auf ihrer Brust lastete, nachließ – als ob dieser Funke der Sehnsucht, den sie so lange nicht zugelassen hatte, nun etwas in Bewegung setzte. Vielleicht war es der Gedanke, dass auch sie mehr wollte als nur die monotone Abfolge von Arbeit, Stille und Einsamkeit. Vielleicht war es der Wunsch, zu spüren, dass es noch mehr gab, dass sie noch mehr sein konnte, als sie sich jemals erlaubt hatte.

Sie dachte an die fremden Orte, die sie nie betreten hatte, an die Geschichten, die sie nie gehört hatte. Sie dachte an Sergio, an seine Suche nach dem Unbekannten, an seinen Blick auf die Vergangenheit, die ihm entglitten war. Und in einem flimmernden Moment fühlte sie sich mit ihm verbunden – nicht als die Frau, die gerade in ihrer Wohnung saß, sondern als jemand, der sich selbst die Freiheit gab, eine neue Richtung einzuschlagen.

Der Funke, der in ihr auflodert war, war kein Feuer, das sofort alles verwandelte. Aber er war der erste Schritt. Es war der Beginn einer Veränderung, die so klein und gleichzeitig so groß war, dass sie es nicht sofort greifen konnte. Aber sie wusste, dass es nicht bei diesem Gedanken bleiben würde. Irgendetwas hatte sich in ihr verändert – und sie fühlte es in jeder Faser ihres Körpers.

Isabella griff nach ihrem Handy und öffnete erneut Sergios Blog. Ihr Blick glitt über die Worte, die sie so lange nicht beachtet hatte. Und während sie die Zeilen las, wusste sie, dass dieser Funke in ihr nicht mehr zu löschen war. Ein neuer Wunsch war entfacht, eine Neugier, die ihr Herz schneller schlagen ließ. Vielleicht würde sie wirklich reisen. Vielleicht würde sie nach Spanien fliegen und den Nebel auf einem Waldpfad spüren. Vielleicht würde sie den ersten Schritt tun, um sich selbst in dieser Geschichte zu finden.

In diesem Moment war es ihr egal, wie verrückt es sich anfühlte. Sie wollte einfach wissen, was jenseits der grauen Wände ihres Lebens lag. Sie wollte wissen, ob es da draußen etwas gab, das sie mehr lebendig fühlen ließ, etwas, das sie dazu brachte, aufzuwachen und zu atmen, als wäre sie mehr als nur ein flimmernder Schatten in ihrem eigenen Leben. Und vielleicht, dachte sie, war der erste Schritt dazu, diesen Blog weiter zu verfolgen, diesen Mann kennenzulernen und sich selbst die Freiheit zu erlauben, zu träumen.

Langsam legte sie das Handy zur Seite und blickte nachdenklich auf das Bild von Sergio, das auf dem Bildschirm stand – ein Mann, der durch Nebel ging. Der auf der Suche war. Und jetzt wusste sie, dass auch sie auf der Suche war.

Abspann:
Es war nur ein Gedanke. Doch manchmal reicht ein Gedanke, um etwas in Bewegung zu setzen – leise, unbemerkt, aber unumkehrbar.

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Isabella am chaotischen Schreibtisch, ein Glas Wein

Kapitel 4 – Die Nacht, in der sie ihn fand

Vorspann:

Isabella klickt. Nur ein Video. Dann noch eins.
Was als beiläufige Suche beginnt, wird zu einer Reise ins Innere – und der Moment, in dem sich zum ersten Mal etwas verändert.
Ein Mann spricht über seinen Großvater.
Ein Bild flackert über den Bildschirm.
Und plötzlich ist da ein Ziehen, ein Kloß im Hals – ein Anfang.

« Zurück zu Kapitel 3- Alltag in Grau

Sie griff zur Fernbedienung, schaltete den Fernseher aus, stand auf und setzte sich an den kleinen Schreibtisch in der Ecke ihres Wohnzimmers. Der Laptop erwachte mit einem sachten Surren zum Leben, und bald glühte das vertraute Weiß der Suchmaschine über den Bildschirm.

„Sergio Menendez Clavero“, tippte sie ein.

Die ersten Treffer kannte sie bereits: sein Instagram-Profil, der Blog, einige Fotobeiträge in Reiseportalen. Doch dann fiel ihr Blick auf einen Link zu YouTube – „Menendez Viajero – Offizieller Kanal“. Ein Hauch von Neugier zog ihr die Schultern straff – was würde sie auf diesem Kanal wohl entdecken? Für einen Moment hielt sie inne, erinnerte sich an das verschwommene Foto aus dem Blog, an das Gefühl, das sie beim Lesen von Sergios Worten nicht losgelassen hatte. Vielleicht würde sie in den Videos mehr über ihn und seine Geschichte erfahren, vielleicht Antworten finden, die sie gar nicht gesucht hatte. Mit klopfendem Herzen klickte sie auf den Link.

Das Kanalbild zeigte ihn an einem Berghang, die Kamera in der Hand, hinter ihm ein weiter Horizont, durchzogen von Licht und Wolken. Sie klickte auf das neueste Video. Es begann mit einer ruhigen Kamerafahrt durch einen nebligen Wald – der gleiche Pfad wie auf dem Foto im Blog, diesmal in Bewegung. Vogelrufe, das sanfte Rascheln von Blättern, das ferne Tropfen von Wasser, und ein feiner Duft von feuchtem Moos lag in der Luft. Ein kühler Windhauch strich über ihre Haut, ließ sie für einen Moment frösteln. Seine Stimme aus dem Off war ruhig, leicht rau, mit einem weichen kastilischen Akzent.

Sie verstand kein Spanisch, aber sie las die Untertitel. Obwohl sie kein Spanisch verstand, halfen ihr die sorgfältig geschriebenen Untertitel, dem Inhalt zu folgen und die Bedeutung der Worte zu erfassen.

Während sie das Video betrachtete, spürte sie, wie die Ruhe des Waldes langsam auf sie überging und ihr Herz einen Moment lang leichter wurde.

„Ich war sieben, als ich zum ersten Mal diesen Weg entlangging. Mein Großvater hatte mir Geschichten erzählt, aber es war mein Urgroßvater, der in diesen Wäldern verschwand. Franco, der Krieg… vieles wurde nicht gesagt. Nur Schweigen. Ich gehe heute für ihn – vielleicht auch für mich.“

Isabella spürte, wie sich ein Kloß in ihrer Kehle bildete. Sie lehnte sich zurück, starrte auf den Bildschirm, als könnte sie durch das Glas hindurch einen Teil dieser Geschichte begreifen. Das Bild wechselte: ein altes Schwarzweißfoto eines jungen Mannes in Uniform, eingeblendet über dem rauschenden Wald. Dann ein Blick über ein Tal in Galicien, Wolken, die sich an den Hängen verfingen, wie Gedanken, die nicht zu fassen waren.

Das Video endete still – keine Musik, kein Abspann. Nur Nebel. Und sein letzter Satz:

„Ich will wissen, woher ich komme. Vielleicht finde ich so heraus, wohin ich gehe.“

Isabella starrte noch eine Weile auf das dunkle Fenster, in dem gerade eben noch seine Stimme erklungen war. Dann klickte sie auf das nächste Video, und das nächste. Die Zeit verlor sich. Und zum ersten Mal seit langer Zeit spürte sie etwas, das wie ein leises Ziehen an ihrer Seele wirkte – nicht laut, nicht bedrohlich, sondern wie der erste Atemzug nach einem langen, grauen Winter.

Die Stunden verstrichen unbemerkt.

Isabella saß wie festgewachsen an ihrem kleinen Schreibtisch, die Lampe über ihr warf ein blasses Licht auf die Tastatur, während der Rest der Wohnung in Dunkelheit versank. Draußen war es längst tiefe Nacht geworden, doch in ihr war ein neues Leuchten erwacht – ein fiebriges, ruheloses Licht, das sie durch Links, Videos, Blogeinträge und Bilder trieb wie durch ein Labyrinth aus Stimmen, Erinnerungen und Orten, die nichts mit ihrem Leben zu tun hatten – und doch alles damit.

Sie klickte sich durch Sergios YouTube-Archiv, las seine älteren Blogbeiträge, folgte ihm virtuell durch die schroffen Berge Asturiens, die trockenen Hügel Aragóns und die Nebelwälder Galiciens. Immer wieder tauchte das Motiv auf – ein schmaler Pfad, eingefasst von Moos und nassem Laub, fast wie ein Portal in eine andere Welt. Jedes Bild, jedes Wort, jede kleine Erzählung von Kindheit, Verlust und Suche rührte an etwas in ihr, das sie lange verdrängt hatte.

Sie vergaß, Wasser zu trinken, vergaß, den Laptop an den Strom zu hängen, bis der Bildschirm kurz flackerte und sie hastig das Kabel einstöpselte. Die Welt außerhalb des flimmernden Monitors verlor an Bedeutung. Das Büro, die grauen U-Bahn-Fahrten, die leeren Gespräche, die sterile Wohnung – sie erschienen ihr wie die Kulisse eines fremden Lebens.

In einem älteren Video erzählte Sergio von einem einzigen Foto seines Urgroßvaters – aufgenommen wenige Jahre vor dessen Verschwinden. Die Kamera hielt auf das vergilbte Bild. Der Blick des Mannes war ernst, beinahe wachsam. „Ich frage mich oft,“ sagte Sergio leise, „ob er ahnte, dass er nie zurückkehren würde. Ich frage mich, ob er Angst hatte. Und ob jemand auf ihn gewartet hat.“

Da, ganz unvermittelt, platzte in Isabella etwas auf.

Die Tränen kamen zuerst langsam, beinahe widerwillig – doch dann brach alles hervor. Schluchzen schüttelte ihren Körper, unkontrolliert, hemmungslos. Sie lehnte sich nach vorn, vergrub das Gesicht in den Händen, die Schultern bebten, der Atem stockte. Es war kein gezielter Schmerz, eher ein Strom aus Sehnsucht, Verlust und einer tiefen, stillen Erkenntnis: dass sie selbst nie gewartet hatte. Auf niemanden. Und dass auch niemand auf sie gewartet hatte.

Sie war 28 Jahre alt und hatte es nie geschafft, länger bei jemandem zu bleiben. Immer wieder hatte sie gehofft, diesmal würde es anders werden – dass sie vielleicht endlich genug wäre, dass jemand bleiben wollte. Doch jedes Mal zerbrach etwas, bevor es wirklich ernst werden konnte. Mal hatte man ihr gesagt, sie sei zu langweilig, zu festgefahren in ihren Gewohnheiten, mal war sie angeblich nicht spontan genug. Sogar hässlich oder dick hatte man sie genannt. Jedes dieser Worte brannte sich tief in ihr fest, ließ sie nachts an sich zweifeln und überlegte, ob sie je jemandem wirklich genügen würde. Sie fragte sich oft, ob es an ihr lag, ob sie zu wenig gab oder zu viel verlangte – und manchmal spürte sie, wie sich eine leise Angst in ihr ausbreitete, dass sie nie jemanden finden würde, der bleiben wollte.

Sie erinnerte sich an ihren ersten Freund Stephan. Sie waren nur wenige Monate zusammen gewesen, doch schon früh hatte sich ein Gefühl von Distanz eingeschlichen. Oft hatte sie seine Spontaneität und Rastlosigkeit verunsichert, während er ihre ruhige Art manchmal als Bremse empfand. Als er schließlich ging, war sie 19 Jahre alt. „Ich will keine Freundin, die innerlich eine alte Jungfrau ist. Ich will eine, die das Leben genießen kann“, hatte er gesagt. Seine Worte trafen sie unerwartet hart – als hätte er etwas in ihr offengelegt, das sie selbst kaum benennen konnte. Was meinte er damit? War sie wirklich so zurückhaltend, so anders als andere? Noch Jahre später hallte dieser Satz in ihr nach, tauchte in Momenten der Unsicherheit wieder auf und ließ sie an sich zweifeln. Die Trennung hatte sie damals tief getroffen, nicht nur wegen des Verlusts, sondern auch, weil sie das Gefühl hatte, dass ihr etwas Grundlegendes fehlte – etwas, das sie erst viel später zu suchen begann.

Sie wusste nicht, wie lange sie so saß. Vielleicht Minuten, vielleicht eine Stunde. Irgendwann versiegten die Tränen, hinterließen ein leeres, klares Gefühl – wie nach einem Gewitter. Der Bildschirm zeigte das Ende des Videos. Nebel über Bäumen. Kein Ton. Nur Stille.

Isabella atmete tief ein. Dann schloss sie langsam den Laptop. Der Morgen war nicht mehr fern. Und etwas in ihr war zum ersten Mal in Bewegung geraten.

Isabella saß immer noch an ihrem Schreibtisch, die Handflächen flach auf dem Laptop, aber ihre Gedanken liefen weiter, unaufhaltsam. Sie dachte an all die Orte, die Sergio bereiste, an all die Geschichten, die er erzählte, an das, was er suchte und fand – oder auch nicht. Und plötzlich, inmitten der Stille ihres kleinen, leeren Zimmers, war da dieses Bild in ihrem Kopf, das wie ein unwillkommener, aber faszinierender Gedanke auftauchte.

Was wäre, wenn sie Teil von Sergios Leben wäre?

Der Gedanke kam wie ein Blitz und ließ sie für einen Moment still in der Dunkelheit verharren. Sie stellte sich vor, wie es wäre, gemeinsam durch die nebligen Wälder Galiciens zu gehen, den schweren, feuchten Boden unter ihren Füßen zu spüren, die kühle Luft einzuatmen, die Geschichten zu hören, die er in den leeren Raum zwischen ihnen legte. Vielleicht wären sie zusammen durch diese alten Dörfer gewandert, hätten in den verblassten Gemäuern vergangener Zeiten die Spuren seiner Familie entdeckt. Vielleicht hätte sie sich an seiner Seite verloren und wiedergefunden, genauso wie er selbst es in seiner Suche tat. Vielleicht hätte sie seine Hand gehalten, ohne Worte – nur durch das Teilen der Erinnerung an verlorene Menschen, verlorene Zeiten.

Und dann stellte sie sich vor, wie sie nicht nur eine Freundin von Sergio wäre, sondern die Frau, mit der er sein Leben teilte. Sie hatte die Bilder von ihm gesehen, auf denen er ganz bewusst seinen Körper gezeigt hatte, den muskulösen Oberkörper und auf einem Bild war er beim Schwimmen in einem See zu sehen, nackt im Sonnenschein. Isabella atmete tiefer, als sie an das Bild dachte. Sergio war älter als sie, etwa Ende 30, aber er war attraktiv. Bisher waren die Männer in ihrem Leben anders gewesen, schlaffer, weicher. In Sergio sah sie einen völlig anderen Typus Mann.

In ihrer Vorstellung war sie nicht mehr die Frau, die durch überfüllte U-Bahn-Wagen zu einem sterilen Büro in Gelsenkirchen fuhr, nicht mehr diejenige, die nach Feierabend in einer leeren Wohnung vor einem noch leereren Fernseher saß. Sie war jemand anderes, jemand, der mit ihm in diese fremde Welt eintauchte – eine Welt voller unerzählter Geschichten und längst verblasster Spuren. Gemeinsam gingen sie durch die feuchten Nebel des Waldes, in denen jeder Schritt wie eine Reise ins Unbekannte erschien und der Boden unter ihren Füßen nach nasser Erde roch. Vielleicht begleitete sie ihn nicht nur durch die Nebel, sondern auch durch die Schatten seiner eigenen Vergangenheit, in die er sich so verzweifelt zurückzuwagen schien. Sie spürte seine Unsicherheit – das leise Zögern in seinen Bewegungen, die unausgesprochenen Fragen in seinem Blick – und ein Gedanke formte sich in ihr: Sie wollte ihm Halt geben, wollte jemand sein, bei dem er sich fallenlassen konnte. In diesem Moment, zwischen Nebel und Erinnerung, verband sie mehr als nur das Gehen; es war das stille Versprechen, füreinander da zu sein – auch dann, wenn Worte fehlten.

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Die nächsten Kapitel kommen
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Eichenwald im Nebel mit Lichtstrahl

Kapitel 3 – Alltag in Grau

Vorspann

„In den geordneten Räumen ihrer Wohnung hallt Isabellas Stille lauter als jeder Fernseher. Routine tarnt die Leere – doch etwas regt sich darunter.“

« Zurück zu Kapitel 2: Alltag im Büro

Mit einem leisen Seufzer legte sie das Handy zur Seite und schloss die Augen. Der Gedanke an den Nebel, der die Straßen, die Wälder und ihre eigenen Gedanken umhüllte, ließ sie nicht mehr los. Es war der Nebel, der sie schließlich in diese neue Welt geführt hatte. Und vielleicht – dachte sie – war es der Nebel, der sie eines Tages auch wieder herausführen würde.

Isabellas Wohnung war wie ein leeres Gehäuse, das den täglichen Trott stumm erduldete. Beim Betreten wurde man von einer sauberen, aber leblosen Stille empfangen. Die Möbel hatte sie beinahe wahllos zusammengekauft, helle, einfache Holzmöbel, die in makellosem Zustand waren, aber so neutral, dass sie fast vergessen wirkten. Sie hatte ein graues Sofa gewählt, dessen Kissen ordentlich in einer Reihe lagen, die aber nie benutzt wurden. Ein glatter, glänzender Esstisch, auf dem nie ein Krümel lag, weil sie ihn immer sofort säuberte, und Stühle, die unberührt am Tisch standen. Überall war alles in schlichten Tönen – Weiß, Hellgrau und Blaugrau – als hätte ein Designer mit wenig Fantasie das Leben der Besitzerin in einem einzigen Atemzug zusammengestellt. Es sah aus wie einer dieser Instagram tauglichen Beige-Moms.

Es gab keine Farben, keine persönlichen Akzente, die dem Raum eine Seele verliehen. Keine Bilder an den Wänden, keine Karten von Orten, die sie besucht hatte, keine Fotografien von Familienmitgliedern oder Freunden. Die Wände waren nackt, bis auf einige wenige neutrale Deko-Elemente – eine minimalistische Uhr, deren Zeiger in monotoner, regelmäßiger Bewegung den unaufhörlichen Takt des Lebens maß, das irgendwann keine Bedeutung mehr hatte.

In einer Ecke stand ein schmales Bücherregal, vollgestopft mit ungelesenen Ratgebern und einem Sammelsurium an Nachschlagewerken aus dem Internet. Doch der Staub auf den Buchrücken ließ darauf schließen, dass der Platz nie für echte Literatur, sondern eher für eine Ästhetik genutzt wurde – eine, die vorgab, Wissen zu enthalten, ohne es wirklich zu begehren. Isabella beachtete weder das Regal noch seinen Inhalt.

Sie hatte auch keine Pflanzen. Haustiere waren gar nicht in ihrem Gedankenrepertoire. Es gab nichts Lebendiges, das eine Verbindung zum Raum oder zu ihr selbst herstellen konnte. Die Luft war immer frisch, beinahe zu frisch, aber es war die Kälte eines Raumes, der nie in Besitz genommen wurde. Kein Duft von etwas Gebackenem, keine Kerzen, kein frisch gewaschener Duft, der von der Wäsche der Woche ausgeht. Alles war so akkurat, so ordentlich, dass es beinahe unangenehm wirkte. Der Raum hatte keine Geschichte, kein Leben. Alles, was sie an Erinnerungen mitbrachte, trug sie in ihrem Inneren und verschloss es in der Leere des Raumes.

Die Küche, die an den Wohnbereich angrenzte, war genauso unpersönlich. Ein kleiner Tisch, der eher funktional als einladend wirkte, umringt von vier ebenso wenig bequemen Stühlen. Der Kühlschrank summte leise vor sich hin, und die Regale waren mit durchsichtigen Plastikbehältern und neutralen Gläsern gefüllt – keine Marmelade im Glas von der Tante geerbt, keine Salzstreuer, die Geschichten von vergangenen Reisen erzählten. Alles war so klar und geradlinig, wie eine Bühne kurz vor dem Vorhang. Alles war für den Augenblick bereit – doch nichts war je wirklich lebendig.

Es war der perfekte Ort für Isabella, um sich zu verstecken. Um zu leben, ohne wirklich zu leben.

Isabella stand in der Küche, die leere Stille um sie herum fühlte sich fast greifbar an, während ihre Hände automatisch die Tiefkühlpizza aus dem Karton nahmen. Der Kühlschrank summte leise im Hintergrund, als sie das Plastik ablöste und die flache, runde Pizza auf das Backblech legte. Die rote Verpackung war fast das Einzige, was farbenfroher war als der Rest der Wohnung. Sie schob das Blech in den Ofen, ließ die Tür mit einem leisen Klick hinter sich zufallen und stellte den Timer auf 15 Minuten – noch eine einfache, vertraute Routine.

In der Zwischenzeit holte sie sich eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank und goss sich ein Glas voll ein. Der Raum fühlte sich kühl an, der Boden war kalt unter ihren Füßen, als sie zurück ins Wohnzimmer ging. Der Fernseher war bereits eingeschaltet, das vertraute Rauschen von Nachrichten und Werbespots füllte den Raum, doch sie nahm es nur halb wahr. Ihr Blick streifte den Bildschirm, ohne wirklich zu sehen, was dort lief. Ihre Gedanken waren woanders, bei den Bildern von Sergio, bei seinen Geschichten und dem Wald in Galicien, bei der Sehnsucht nach etwas, das sie selbst nicht benennen konnte. Doch der Alltag hatte sie im Griff, und so musste sie sich auch weiterhin in den gewohnten Bahnen bewegen.

Als der Timer klingelte, stand sie auf und ging zurück in die Küche. Der Ofen hatte die Pizza gleichmäßig goldbraun gebacken, und ein verlockender, fettiger Duft stieg ihr in die Nase. Sie schnitt die Pizza in vier Teile, der Käse war noch blubbernd heiß, und der Teig hatte genau die richtige Konsistenz – nicht zu hart, aber auch nicht zu weich. Keine Überraschung, keine Freude. Nur Funktionalität. Es war immer das Gleiche, immer genau wie beim letzten Mal.

Mit einem Teller und einer Gabel in der Hand setzte sie sich auf das Sofa. Der Fernseher plärrte weiter, aber sie achtete nicht darauf. Der erste Bissen war wie ein gewohntes, fast unangenehmes Bedürfnis. Der Geschmack war fettig, salzig, aber leer – genauso wie das Leben, das sich nach und nach in den grauen Abenden wiederholte. Sie kaute mechanisch, der Blick auf dem Bildschirm verharrend, während sie von den Nachrichten zu den Werbeunterbrechungen wechselte. Es war, als würde sie die Zeit einfach über sich ergehen lassen, ohne wirklich teilzunehmen.

Der Fernseher zeigte eine Werbung für ein neues Auto, das in jeder Hinsicht perfekt war. Das glänzende Metall, die makellosen Sitze, die durchscheinende Qualität des Bildes. Isabella fragte sich für einen Moment, ob jemand das Gefühl von Lebendigkeit erleben konnte, das der Bildschirm so deutlich vorgaukelte. Sie nahm noch einen Bissen, dann noch einen, und irgendwann war die Pizza verschwunden. Der Teller war leer, und sie stellte ihn zur Seite, ohne ihn wirklich wahrzunehmen.

Der Fernseher lief weiter. Aber Isabella saß nun einfach da, der Kopf leer, die Augen müde. Der Nebel in ihrem Geist war fast genauso wie der, den sie von Sergios Fotos kannte – ein Nebel, der sie immer wieder einhüllte, sie aber nie wirklich vorwärts führte.

Nach dem letzten Bissen der lauwarmen Pizza ließ Isabella die Gabel achtlos auf dem Teller liegen. Der Fernseher lief noch, irgendeine belanglose Casting-Show flimmerte über den Bildschirm, doch sie hörte nicht mehr hin. Etwas arbeitete in ihr. Es war ein leises Kribbeln, ein kaum greifbares Unbehagen, das sich unter der gewohnten Trägheit regte. Der Blogeintrag, den sie am Vormittag im Büro gelesen hatte – dieser neblige Waldpfad, Sergios Worte über seinen Urgroßvater – all das hatte sich wie ein kleiner Widerhaken in ihrem Innersten festgesetzt.

Abspann:
„Auch dieser Abend wird vorübergehen. Doch in Isabellas Innerem regt sich längst etwas, das sich nicht mehr wegwischen lässt — nicht einmal vom nächsten Morgen.“

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Die nächsten Kapitel kommen
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